Editorial

 

Liebe Freunde, Kollegen, Medienschaffende,

irgendwie kommt Escapade belles-lettres doch nicht drumherum: der filmische James Bond wird im Oktober 50 Jahre alt. Wir strecken die Waffen. Und ergeben uns, schließlich werden wir auch nicht jünger. Obwohl: so alt... (den Satz lassen wir mal mit drei Punkten verebben).

Werner Greve gratuliert zum erfolgreichen Altern. Aus dem sehr kurzweiligem Buch des Psychologie-Professors stellt uns der Verlag einen Auszug zur Verfügung: „James Bond 007 – Agent des Zeitgeistes“.

Ebenfalls in den Bücherschrank eines Bond-Fans gehört die wunderschön gestaltete Neu-Auflage der Ian-Fleming-Stories. Aber nicht nur die psychedelisch anmutenden Cover-Illustrationen punkten hier, sondern auch, dass es ungekürzte Übersetzungen sind.

Ach so, aus „Skyfall“, dem neuen „Streifen“ (dieses Wort, sicher ebenso Sixties, muss an dieser Stelle einfach sein) zeigen wir auch ein Motiv.
Dann haben wir: something old, something new, something borrowed, something blue. Denn auch das Alte hat hier seinen Platz, Sean Connery war vor Daniel Craig in Istanbul. Mit den Zutaten können wir dann Goldene Hochzeit feiern.

Was wir auch machen. Und das ist unser eigener Anteil: nämlich in der Fiffi-Bar, Severinswall 35, in Köln am 25.10. mit Quiz, Musik und Geheimnisverrat - der 007-Tricks.
Lasst Euch vormerken; ‚You only live once’ meinen

Eure,
Flora Jörgens und Silke Vogten

Foto: Photocall zu „Liebesgrüße aus Moskau“, copyright: Sony Pictures, James Bond und Tatiana Romanova (Sean Connery und Daniela Bianchi)

Bond, James Bond

Liebesgrüße aus der Vergangenheit

Wenn man heute einen der alten Filme ansieht, wirken sie weit entfernt, fast verstaubt. Die Zeiten haben sich in einem halben Jahrhundert wahrlich gewandelt. Sechzigerjahre: meine Güte, das ist ewig her! Wenn man ein Bond-Liebhaber ist, wird man vielleicht an Details der frühen Filme seine Freude haben, aber selbst dann – war das wirklich mal aufregend? Kommunisten, die keine mehr sind, ein Bösewicht, der seine Katze krault und den man nicht sieht (»Nr. 1«), ein Verräter, den man daran erkennt, dass er zum Fisch Rotwein trinkt – also im Ernst! Man kann sich kaum mehr vorstellen, wie die Filme seinerzeit gewirkt haben. Ach – erlauben Sie mir ein Beispiel vorab! Das alles ist, schon auf den zweiten Blick, unfassbar aufregend, aktuell, lebendig! 1963 kam Liebesgrüße aus Moskau als zweiter Bond-Film ins Kino. Mit ihm war endgültig klar, dass Bond in Serie gehen würde: Die Eröffnung mit dem Blick durch einen Pistolenlauf, sein Chef (»M«) und dessen Sekretärin (»Miss Moneypenny«), der Waffenmeister (»Q«), der ihn ausrüstet – fast alles ist schon da, was Bond braucht (mehr darüber in Kapitel 3). Und was für ein Jahr war das, auch sonst! Im Sommer hatte es in England ein paar hübsche Skandale gegeben, neben einem berühmten Postraub vor allem den Rücktritt des britischen Kriegsministers John Profumo (Jahrgang 1915), der eine Affäre mit Christine Keeler (Jahrgang 1942) unterhielt, die gleichzeitig mit einem russischen Militärattaché (und Spion) liiert war: Liebesgrüße aus Moskau! Und vier Wochen nach der Premiere des Films wurde am 11. November 1963 der amerikanische Präsident John F. Kennedy erschossen (welche Rolle spielte der Geheimdienst?).
Der Zeitgeist, das Lebensgefühl? Die Beatles erlebten 1963 ihren Durchbruch: Im März wurde ihr erstes Album veröffentlicht (Please please me) und erreichte die Spitze der britischen Charts. Ihre Musik, ihr Auftreten konnten damals wirklich das Establishment provozieren: Selbst Bond bemerkt noch im nächsten Jahr (Goldfinger/1964), einen Bollinger zu trinken, der nicht die vorgeschriebene Temperatur habe, sei fast so, als würde man den Beatles ohne Ohrenschützer zuhören. In diesen konventionellen, staubigen Zeitgeist bricht der rasant geschnittene Film Liebesgrüße aus Moskau ein, in dem eine biedere Botschaftsangestellte mutwillig mit einem wildfremden Agenten ins Bett geht (seit Ende 1960 ist die sog. Antibabypille5 auf den Markt!), um ihn ans Messer zu liefern (und sich dann aber doch in ihn verliebt). Die Frauen, die in diesem Film auftreten, sind ungewöhnlich: So kämpfen in einer langen Szene zwei »Zigeunerinnen« (die man seinerzeit noch so nannte, ohne sich irgendetwas dabei zu denken), in vollem Ernst um einen Mann. Auch die Hauptakteurin auf der Gegenseite ist eine Frau (»Rosa Klebb«, großartig dargestellt von Lotte Lenya, der Witwe von Kurt Weill), vorgeblich eine leitende Person des russischen Geheimdienstes. Überall ist der geheimdienstliche Rahmen in dem Film spürbar, mitunter über die Grenzen der Plausibilität hinaus. Vielleicht glaubt man noch, dass die russische Botschaft durch ein heimlich eingebautes Periskop ausspioniert wird. Aber warum Tatjana Romanova, die erwähnte Angestellte, auf einer Fähre auf dem Bosporus in ein als Fotoapparat getarntes Ton bandgerät sprechen muss, ist kaum nachzuvollziehen – und dennoch so fesselnd, dass man in der Szene völlig vergisst, sich zu wundern.

Foto: Szenenfoto „Liebesgrüße aus Moskau“, copyright: Sony Pictures, James Bond und Tatiana Romanova (Sean Connery und Daniela Bianchi)

Auch der Schuh mit der vergifteten Stilettspitze, mit der Bond ermordet werden soll, ist kaum ernst zu nehmen – und dennoch kann man sich eines leichten Schauders angesichts der Heimtücke der Idee auch in der ironischen Distanz kaum erwehren. Was für Zeiten! Der Film erweist sogar dem zeitgenössischen Großmeister des Films die Refe renz: In einer Szene wird Bond von einem Hubschrauber über offenes Gelände gejagt, wie Gary Grant in Hitchcocks Der unsichtbare Dritte (1959) von einem Flugzeug – eine charmante Verbeugung vor dem Genre, das Bond zu erobern sich anschickte.

Werner Greve

Auszug aus: „James Bond 007 – Agent des Zeitgeistes“ von Werner Greve, erschienen bei Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co KG, 19,95 E, www.v-r.de
Prof. Dr. Werner Greve lehrt Psychologie an der Universität Hildesheim. Er ist außerdem Autor von wissenschaftlichen Büchern in den Gebieten Entwicklungs- und Kriminalpsychologie und hat einen Roman veröffentlicht. James Bond kommt bei ihm jedoch nicht auf die Couch, er bietet keine psychologische Interpretation des Protagonisten an. „Statt die Psychologie für James Bond zu nutzen, möchte ich James Bond für die Psychologie nutzen.“

Foto: Szenenbild 14, aus „Skyfall“, copyright: Sony Pictures, Kinostart Deutschland 1.11., Daniel Craig und Bérénice Malohe

Bond, James Bond

Liebesgrüße und Geburtstagsgeschenke

Geschenke für die Escapade-belles-lettres-Leser: "Fällt der Name James Bond, kommen einem die Gesichter von Sean Connery, Roger Moore, Pierce Brosnan oder heute natürlich Daniel Craig in den Sinn. Doch Connery war nicht der erste Schauspieler, der dem charismatischen Agenten sein Aussehen verlieh.
In den Büchern beschreibt Fleming seinen Helden stets nur vage und gibt dem Leser viel Freiraum für die eigene Fantasie. 1955 bekam der Titelheld erstmals ein konkretes Profil, als ein Konterfei Bonds auf dem Cover der Taschenbuch ausgabe von „Pan Books“ erschien. Für diese erste Ausgabe orientierte man sich noch am Schauspieler Richard Conte. Die folgenden zeigten dann das Pin-up-Model Dick Orme. Und lange vor Connerys Auftritt in „James Bond – 007 jagt Dr. No“ verkörperte 1954 ... ... im US-amerikanischen Fernsehfilm „Casino Royale“ den britischen Geheimagenten." Soweit die Angaben des Verlags Cross-Cult, bei dem die neu übersetzten Ian-Fleming-Geschichten erscheinen.

Die ersten drei Einsender des Namens, der anstelle der Pünktchen stehen müsste, erhalten jeweils 2mal freien Eintritt zu unserer Veranstaltung in der Fiffi-Bar am 25.10. in Köln. Dort gibt es attraktive Bond-Tools zu gewinnen wie z.B. neben den Liebesgrüßen auch Liebestöter aus Moskau. Außerdem drei Exemplare der Neuauflage von "Casino Royale".

Die 14-bändige Taschenbuchreihe wurde in Bonn neu übersetzt, von Stephanie Pannen und Anika Klüver. Mit wunderbaren Retro-Illustrationen, gestaltet vom britischen Künstler Michael Gillette. Drei Bände sind bereits erhältlich: „Casino Royale“, „Leben und sterben lassen“, „Moonraker“, 11,80 E bzw. 12,80 E. Die Reihe erscheint bei Cross-Cult. www.Cross-Cult.de

Grafik: Hauptbanner Bond-Bibliothek, copyright Cross-Cult