Editorial
Liebe Freunde, Kollegen, Medienschaffende,
war Gunter Sachs tatsächlich der letzte Playboy, so wie er in fast jedem Nachruf bezeichnet wird? Wir meinen: nein. Und sie sind keineswegs im Zeitalter der sexuellen Revolution überflüssig geworden. Sie kamen zwar Mitte der Sechziger aus der Mode. Und dann auch noch in Verruf durch Imitatoren im beginnenden Discozeitalter, die doch nur halbseidene Vorort-Strizzis mit restringierten Sprachcodes waren.
Aber es gibt sie weiter: Männer mit dem gewissen Irgendwas – Gesicht, Statur, Gesten, Haltung... woran lässt es sich festmachen?
Ein Mann, „der in einen Raum kommt, und der Raum ist voll, weil die Ausstrahlung so groß ist“ (das sagte ein bekannter Sänger über einen bekannten Schauspieler). Geld, Macht, Prominenz? Eher nicht. Obwohl Gunter Sachs von allem genug vorzuweisen hatte.
Aber es schmolz die Bardot erst – die selbst genug von all dem besaß und dazu noch eine unerschrockene Eroberin war – als der Verehrer vom Helikopter aus Rosen über ihrem Grundstück abwarf.
Die Playboys – ein aktuelles Thema für Escapade. Wir schauen ihnen in die Karten, den Betörern, Beschwörern, Frauenflüsterern. Das Spiel der Buben mit den Damen. Vielleicht ist der Playboy von gestern der pick-up-artist von heute. Fest steht aber: es gewinnen die Damen. Wir wünschen Euch eine gute Hand.
Eure,
Flora Jörgens und Silke Vogten
P.S. Playboys encore... am 30.6. präsentieren wir Escapade-Print live in Köln, s.u.!
Der Playboy
ist nicht tot
In der SZ schrieb Andreas Zielcke am 10.5.2011 über Gunter Sachs, das dieser von allen als letzter seiner Art bezeichnete Playboy im Grunde „spät dran“ war, „nur mehr das Echo des erotischen Spielers, der mit den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts aufgekommen war“.
Tatsächlich hatten die Big Player das Damen-Eroberungsspiel weltläufig betrieben und zur Lebensaufgabe im Luxusmilieu gemacht. Dennoch waren nicht alle der Herren von Hause aus reich wie Sachs und Ali Khan, hinter klangvollen Namen wie Porfirio Rubirosa, Alfonso Prinz zu Hohenlohe, Teddy Stauffer, Freddie McEvoy verbergen sich der Reihe nach: Schurke mit Diplomatenpass, cleverer Gastronom, geschäftsführender Gastronom ohne nennenswertes Einkommen und erbarmungsloser Schurke.
Einen sehr klugen Blick auf ihr Treiben richtet Wilfried Rott mit seinem Buch „Das süße Leben der Playboys – Geschichte einer Kultfigur“. Er kommt darin, also bereits 1998, zu dem Schluss, dass es sehr wohl Nachfahren gibt: „der Fahrer des tiefergelegten BMW, der rastlos um die Welt jettende Ferntourist, der promiske Viellieber, der bindungslose und bindungsscheue Single auf der Suche nach dem schnellen Disco-Spaß, der sein Vermögen leichthin genießende Erbe – sie alle leben einen Teil jenes Gesamtlebenskunstwerks, das die Playboys vergangener Tage prototypisch geschaffen haben.“
Flora Jörgens
Der Playboy
hat Stil, was immer das auch ist
Bis in die 1960er Jahre hatte jeder Mann Anzug und Krawatte zu tragen. So die bürgerlichen Konventionen. Da erregte Ali Khan beträchtliches Aufsehen. Der „Spiegel“ beschrieb 1955, wie er lässig in einer etwas abgetragenen Jacke und Sandalen über die Croisette schlenderte. Khan gab damit einen neuen modischen Ton an, wenngleich er im „Ritz“ natürlich nur im eleganten Smoking dinierte. Der Cambridge-Absolvent hatte – Style. Einmal lud er Bing Crosby zum Pferderennen in Longchamp ein. Als er ihn in der Hotelhalle sah - Strohhut, weißbraune Schuhe, rosa Hemd und gelbe Krawatte - ließ er ihn wortlos stehen. Khan selbst trug zu diesem gesellschaftlichen Anlass steingrauen Cut nebst Zylinder.
Der Playboy in den 60ern legte den Schlips ab, trug zum Sakko stattdessen entweder Rollkragenpulli oder ein um den Hals geschlungenes Tuch zum offenen Hemd. Aber tunlichst nicht aus Polyester. Alfonso Prinz zu Hohenlohe überlebte wegen der Top-Qualität seiner Oberbekleidung einen Flugzeugabsturz als einer von wenigen Passagieren. Er notierte später: „Meine Haare brannten, mein Hemd glücklicherweise nicht – es war aus Seide.“
Allgemein war dieser Stil - damals auch gern getragen: Marine-Blazer und Slipper an den nackten Füßen - eigentlich recht unauffällig. Dennoch gab es hin und wieder modische Ausrutscher. Sogar von Gunter Sachs, der seiner Mutter zuliebe (oder war es nur blanke Ironie, weil sie bei Brigitte Bardot ein „Dirndl“ im Schrank vermisste?) im folgenden Look zum Abendessen ging: kurze Lederhose, Wadl-Strümpfe und Jägerhut - was die Bardot „grotesk“ fand.
Erstaunlich stillos dann aber doch auch Ali Khan. Der hatte 1953 nach seiner Schnell-Scheidung von Rita Hayworth per Brief ans Gericht eingewendet, dass er jährlich 48.000 Dollar Unterhalt für die gemeinsame Tochter für zu hoch erachtetete, da „in Zeiten, in denen Kommunismus und soziale Revolution herrschen, auch meine Reichtümer schwinden können“.
Flora Jörgens
Der Playboy
was hat er denn?
Ja, das gewisse Etwas, woran lässt es sich festmachen? Erst einmal: es gibt keine einfache Formel. Giacomo Casanova, der Urahn aller Playboys, hielt sich selbst nicht für schön. Frauen fallen zur besonderen männlichen Ausstrahlung Vokabeln wie „faszinierend, charmant, magisch, magnetisch“ ein.
Wilfried Rott schlussfolgert in seinem Buch richtig, dass es die Zuwendung ist, die ein Mann einer Frau zuteil werden lässt (aber auch dies hatte schon Casanova selbst ausgesprochen). Der Auserwählten das Gefühl zu geben, sie sei die einzig interessante im Raum. Zuhören und wenig reden, lächeln, ihr auf den Mund schauen – soweit ein paar seltene Pretiosen aus der Escapade-Herausgeberinnen-Schatulle. Jacqueline Petite, die Dame aus Acapulco, schildert, dass Teddy Stauffer halb verborgene Blicke hinter den ins Gesicht fallenden Haarfransen losließ. Und er lud Damen ein, ihm zuzuhören: er habe seine Geige seit Jahren nicht mehr gespielt, und sie sei nun die Erste, die in den Genuss käme, und nur für sie würde er... wie sich dann herausstellte, als sich zwei Frauen unterhielten: genau das gleiche Musikstück spielen!
Wer „pick up artist“ googelt, landet über 9 Millionen Treffer. „Lerne, wie man Frauen natürlich verführt“. In erster Linie wird Jungs da vorgegaukelt, dass sie mit dem richtigen Seminar oder Buch jede Frau rumkriegen können. Aber wer sind wir, dass wir das anprangern? Sollen sie doch üben!
Flora Jörgens
Der Playboy
auf der Couch
Tags darauf war ich wieder nüchtern, schmiss mich aufs Sofa meiner provisorischen Untermietswohnung und studierte das Heft – Seite für Seite, Bild für Bild, Wort für Wort, um den „neuartigen Stil“ vollkommen zu verinnerlichen. Ich war 15 Jahre alt gewesen, als ich zum ersten Mal eine Ausgabe dieses Magazins in der Hand gehalten hatte – auf der Suche nach einem erschwinglichen Geburtstagsgeschenk für meinen Vater. Die Zeitschrift war mir damals sehr spannend erschienen, und ich erinnerte mich noch gut an die Inhalte und den Stil des Hefts: Da ging es um Halbwelt, Koks und Abenteuer, um verruchte Frauen, exzessive Partys und ein wenig auch um Revolution. Da gab es zehnseitige Exklusiv-Interviews mit Yassir Arafat, Fidel Castro, Muhammed Ali und Marlon Brando, also mit Menschen, die in ihrem Leben schon mal die ein oder andere interessante Sache gemacht hatten. Da waren Kurzgeschichten abgedruckt von Hunter S. Thompson, Jörg Fauser und Charles Bukowski – alles Leute, von denen man in puncto Sarkasmus, Coolness und Rasanz einiges lernen konnte.
Doch wie ich jetzt auf meinem Sofa feststellen musste, kam keines dieser Elemente in der aktuellen Heftausgabe vor. Zwar wurden auch dort Menschen präsentiert, die durch die Bank Rebellen waren: Ein gewisser Larry J. Ellison – seines Zeichens Boss von Oracle – bezeichnete sich beispielsweise als „Revoluzzer“, weil er während der Hippiezeit am liebsten Anzüge getragen, Yachten gekauft und Finanzimperien aus dem Boden gestampft hatte. Ein anderer Mann namens Oliver Geissen sah sich als „Rebell zur falschen Zeit“, weil ‚Born in the USA’ 1984 seine absolute Lieblingsplatte gewesen war, und ein dritter namens Johannes B. Kerner nannte sich einen „eingefleischten Querdenker“, weil er für seine Frau jedes Mal den Abwasch erledigte. Auf derselben sonderbaren Wellenlänge wie diese drei Menschen, die auch sonst nur Mist zusammenquatschten, lag das ganze Heft: Da wurden seitenweise Wörter wie „Neckholder“, „Chiffontop“ und „Designkreation“ heruntergebetet, da wurden am laufenden Band Namen wie „Dolce & Gabbana“, „Galliano“ und „Gaultier“ beschworen, und da gab es keinen einzigen Text mehr, der noch irgendeinen politischen Bezug gehabt hätte – abgesehen vielleicht vom Special „Der todesgeile Privatflugzeugträger des US-Präsidenten (Zum Aufklappen!)“
In Mexico City hatte ich Journalisten kennengelernt, die ich für fähig hielt, eine zeitgemäße Männerzeitschrift zu schaukeln. Sie alle waren liebenswerte Koksnasen gewesen, Spötter und Desperados – gewohnt, schallend zu lachen, sich die Nebenhöhlen zu verkleistern und schönen (bisweilen auch weniger schönen...) Frauen hinterherzujagen, die ihrerseits nie darum verlegen waren, ihre Verfolger an der Nase herumzuführen. Zusammen mit diesen Menschen hätte ich mir zugetraut, bei einer solchen Zeitschrift mitzuarbeiten, aber was ich hier auf dem Sofa in den Händen hielt, stürzte mich in tiefe Zweifel: Das konnte ja heiter werden, wenn ich, der jahrelang geglaubt hatte, dass „Dolce & Gabbana“ eine italienische Nachspeise war und „Galliano“ eine der wenigen Alkoholika, die untrinkbar waren, an dieser Zeitschrift mitarbeiten sollte! Das konnte ein gewaltiges Fiasko geben, wenn von jetzt an i c h die Milchbäder der Gabriele Strehle besingen oder die Heldentaten von Geissen, Kerner & Co. rühmen sollte! Und als ich an diesem Abend zufällig an dem Glaspalast mit der Leuchtschrift „Komet Media Group“ vorbeikam, hatte ich Angst, dort übermorgen im dritten Stock mein Büro zu beziehen – und diese Angst war nicht unbegründet.
Stefan Wimmer
Was ist aus dem „Playboy“ geworden? Auch wenn das Heft im Roman „Der König von Mexiko“ von Stefan Wimmer nur als „Busenmagazin“ firmiert, ist doch der Bezug eindeutig. Wie sein Protagonist kam der Autor nach Deutschland zurück, um einen Redakteurs-Job anzutreten. (Verlag Hardcover: Eichborn, Taschenbuch: Heyne) Seit ein paar Monaten ist Stefan Wimmer übrigens wieder in Mexiko.
Der Playboy
das meinen die Männer, von Escapade befragt
Ich assoziiere: Sportwagen, Yachthafen, schöne Frauen im Dutzend (aber nicht billiger), dicke Hose eher vom Portemonnaie, genetische Abstammung vom König, größter Nutznießer des medizinischen Fortschritts und Außerkraftsetzen aller psychologischen Ansätze (wie Hugh Hefner eindrucksvoll bewiesen hat - wer eine 60 Jahre jüngere Frau heiratet, hat nichts mehr mit der berühmt-berüchtigten Vater-Tochter-Nummer zu tun... ob es einen Großvater-Tochter-Ansatz gibt?)
Heino Schütten, Köln
Ein Playboy ist ein Mensch, der die Fähigkeit hat, vollkommene Nutzlosigkeit wie beneidenswerte Kunst erscheinen zu lassen.
Harald Gantzberg, Hannover
Gunther Sachs war der letzte....Ein Playboy ist ein Mann, dem Frauen vertrauen, obwohl sie wissen, dass sie ihm nicht vertrauen können.
Thomas Diekmann, Hamburg
Playboy = Appetizer-Fan
Peter Rüchel, Köln
Der Begriff Playboy ist längst nicht mehr zeitgemäß, scheint mir ein sprachlich überholtes Relikt aus den fünfziger bis siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu sein. Alle mehr oder minder prominenten Personen, die mir unter diesem Begriff in Erinnerung sind, wurden entweder nie oder erst im hohen Alter wirklich erwachsen. Meist waren es Personen, die einem durchaus gut betuchten Milieu entstammten, die sozusagen schon "mit dem goldenen Löffel im Mund" geboren wurden und insofern meist nie unter materiellem, existentiellem oder finanziellem Mangel aufwuchsen. Sie waren meist (wie im Beispiel Gunter Sachs) "von Beruf Sohn" und konnten es entsprechend "krachen lassen", kompensierten nicht selten (wie beispielsweise Rolf Eden oder Hugh Hefner) mangelnde soziale Kompetenz durch künstlich zur Schau gestellte Potenz.
Insgesamt besitzt der Begriff Playboy für mich eine klar negative Konnotation: mehr Schein als Sein. Letztlich umschreibt der Begriff nach meinem Verständnis ein eher am Leben und an der Realität gescheitertes, bedauernswertes Geschöpf - siehe Arndt von Bohlen und Halbach.
Anno Nühm, Köln
Ein Playboy aus Frankfurt am Main
wird nie Meister der Lebenskunst sein.
Denn woran gebricht’s?
Er tut zuviel „Nichts“,
statt sich wirklich des Daseins zu freu’n!
Markus Schipke, München
Heino Schütten: bei der Berufsbezeichnung schlagen wir „Agenturchef“ vor, Heino meint daraufhin, dass es gut klingt, wenngleich auch irgendwie nach Playboy. – Harald Gantzberg findet es nicht besonders schwierig, Sänger einer HardCore-Punkband zu sein, im Alter das Haupthaar zu behalten dagegen schon. – Thomas Diekmann ist Medientrainer und Coach. – Peter Rüchel ist TV-Rock-Legende. – Anno Nühm heißt in Wirklichkeit anders. – Markus Schipke ist in München als Redakteur "auf Draht", sprich: online tätig. – Jörg Scholz reicht die Angabe: www.traktorimnetz.de Die anderen Fotos: exklusiv von Jacqueline Petite. Die Dame, die zeitweise einen Club in Acapulco mit Teddy Stauffer unterhielt, hat für uns ihr privates Fotoalbum geöffnet – Michael Dressel, gebürtiger Ost-Berliner, lebt als Soundeditor für Hollywoodproduktionen in L.A. fand das Motiv in B-Neukölln. Mehr von ihm: www.michaeldressel.com
Der Playboy?
Escapade live!
Am 30.6. ist es soweit: wir feiern die Veröffentlichung unserer Print-Ausgabe. Nun können alle unsere Fans, die ungern am Bildschirm lesen, in Ruhe blättern. Falsch! Nicht alle. Denn unsere Auflage ist streng limitiert.
Das Bühnenprogramm wird gestaltet von: Charlotte Kons, Armin Bings, Volker Elsen, Silke Vogten, Flora Jörgens und Überraschungsgästen. Dazu Bilder, kurze Filme, Sounds, Videokunst. Und Häppchen.
Ab 20 Uhr in der Fiffi-Bar, Severinswall 35, Köln-Südstadt, Reservierung: 0176/62 92 65 69, Einlass: 19 Uhr.